Je hilfloser ein Lebewesen ist,
desto größer ist sein Anrecht auf menschlichen Schutz vor menschlicher Grausamkeit.

(Mahatma Gandhi)

6 Argumente gegen den Auslandstierschutz – und warum sie nicht ziehen

Ich hatte lange Zeit gar keine Meinung zu dem Thema. Ich fand es gut, dass es Menschen gibt, die Tieren im Ausland helfen. Ich fand aber auch, dass diejenigen, die argumentieren, wir hätten schon genug Tiere in deutschen Tierheimen, ja auch Recht hätten.

Als ich Sandy aufnahm, war sie irgendwie schon ein bisschen Tierschutzhund. Schließlich war sie ausgesetzt worden, und hätte sich niemand für sie gefunden, wäre sie im Tierheim gelandet. Damals bin ich aber nicht auf die Idee gekommen, gezielt nach einem Hund in Not zu suchen; es sollte einfach ein Mischling einer gewissen Größe und "irgendwas Richtung Schäferhund" sein.

Dann kamen durch Facebook gelegentlich Tierschutzhunde in mein Blickfeld. Immer noch war das kein großes Thema für mich, denn eigentlich sah nichts danach aus, als wäre ein Zweithund jemals diskussionswürdig – mit so einer Zicke denkt man besser nicht zu intensiv darüber nach.

Und dann war da auf einmal Pepe (Kari) in meiner Timeline, und es traf mich wie ein Blitz. Ein Ebenbild von Sandy, abgeschoben, ungeliebt, ungewollt und tieftraurig. Langer Rede kurzer Sinn – das Ergebnis ist ja bekannt.

Damit war ich auf einmal emotional involviert und nicht mehr in der Lage, das Elend auszublenden, das um uns herum existiert. Schreckliche Zustände in Osteuropa – aber auch in Spanien, Italien und Frankreich wird getötet.

Die Argumente der Auslandstierschutz-Gegner

Ich kann nur sagen: Argumente gegen den Auslandstierschutz habe ich bisher fast nur von Menschen gehört, die einen Welpen vom Züchter gekauft haben. Ich glaube, das beruht aber oft nur auf fehlendem Wissen und nicht aus selektiver Hundeliebe. Mir ging es ja nicht anders. Unser erster Hund war ein reinrassiger Deutscher Schäferhund. Ein Welpe. Im Tierschutz habe ich mich bis 2014 auch nicht engagiert (jedenfalls nicht für Hunde).

Hier sind die sechs am häufigsten gehörten Argumente gegen einen Hund aus dem Auslandstierschutz – und was ich dazu sagen möchte.

1. Deutsche Tierheime sind voll.

Frank Weber, Tierheimleiter Franziskus Tierheim/Hamburg, bekannt aus "Hund, Katze, Maus" bei VOX hat dazu Folgendes gesagt (zitiert aus der BMT-Zeitschrift, Dez. 2011):

„… an Staffordshire, Rottweiler, Dobermann, Schäferhund und Herdenschutzhunden herrscht meistens kein Mangel. An Interessenten, die mit solchen Hunden umgehen können, aber schon.

Was nur noch selten im Tierheim abgegeben wird, sind gesunde, sozialverträgliche und freundliche Hunde. Und eben diese Hunde sind es, die der normale Hundehalter gerne in seine Familie holen würde.

Wohin kann man denn eine sympathische Familie mit Kindern schicken, wenn man keinen im Tierschutz geeigneten Hund hat? Soll man ihnen sagen, sie sollen sich mal im Internet umschauen oder gleich beim nächsten Hundehändler - da ist es billiger? - Und gleichzeitig sitzen in Tierheimen und Tötungsstationen im uns umgebenden Europa tausende von armen Seelen unter erbarmungswürdigen und lebensbedrohlichen Bedingungen. Darunter hunderte unkomplizierte, freundliche Hunde, die in ihren Herkunftsländern ein grausamer und schmerzhafter Tod erwartet.

Da wundert man sich immer wieder über die Argumentation, wegen dieser Hunde würden die deutschen Hunde im Tierschutz kein Zuhause finden. Das ist definitiv ein Trugschluss. In der Realität ist das Gegenteil der Fall. Wenn man nette, gut vermittelbare Tiere aus dem seriös praktizierten Auslandstierschutz hat, kommen mehr Interessenten in die Vermittlung.

Wie die Erfahrung zeigt, erhöht das definitiv auch die Chancen der „schwierigen Hunde“, unter diesen tierlieben Menschen ein neues Herrchen zu finden“.

 Das lasse ich einfach so stehen.

2. Man kann nun mal nicht allen helfen

... sagt der Engherzige und hilft keinem. Eins der Zitate, die ihr auf dieser Website findet.

Dass man nicht allen helfen kann, ist natürlich richtig. Und das ist unendlich traurig; aber es ist kein Argument, überhaupt nichts zu tun. Zunächst mag es keinerlei Auswirkungen auf die Gesamtsituation haben, wenn ich einen Hund aus dem Auslandstierschutz adoptiere. Für diesen Hund aber ändert sich alles. Das ist schon Grund genug.

Wer keine Möglichkeiten hat, einen Hund zu adoptieren, kann trotzdem helfen: Durch Spenden, durch das Teilen von Aufrufen bei Facebook, Infostände, ehrenamtliche Mitarbeit im Tierheim. Vielleicht kann man als Pflegestelle fungieren, wenn man schon keinen Hund auf Dauer halten kann.

Irgend etwas kann man immer tun, wenn man nur will.

3. Es kann ja auch keine Lösung sein, die alle nach Deutschland zu holen.

Das ist auch nicht die langfristige Lösung, die seriöse Tierschützer anstreben. Überall wird hart an Kastrationsprojekten gearbeitet, weil selbstverständlich jeder Tierschützer weiß, dass Kastration die einzige Möglichkeit ist, die Flut an Straßenhunden oder ausgesetzten Hunden einzudämmen.

Die Erfolge zeigen sich aber nicht von heute auf morgen. Vergessene, chancenlose Hunde in kalten Betonzwingern, für die jeder Winter ein Überlebenskampf ist, brauchen JETZT Hilfe, denn sie sind jetzt da.

4. Es gibt so viele unseriöse Organisationen.

Wie viele Organisationen oder Privatpersonen unseriös sind, die sich im Auslandstierschutz stark machen, kann ich nicht beurteilen. Ich habe bisher von einem Fall erfahren, aber die Leute, denen ich auf Facebook folge, reißen sich ausnahmslos ein Bein aus und engagieren sich bis an ihre persönlichen Grenzen und darüber hinaus.

Einen Hund aus dem Auslandstierschutz von vornherein abzulehnen, weil die Organisation unseriös sein könnte, ist ein Argument für Faule. Heutzutage ist es kein Problem, sich eine Orga über das Internet genauer anzuschauen, nach Erfahrungsberichten zu suchen und andere Tierfreunde zu befragen, die seit langer Zeit im Thema sind.

5. Ich möchte aber einen Welpen!

Welpen gibt es auch im Auslandstierschutz in jeder Größe, Form und Farbe. Was man an "Einschränkungen" in Kauf nehmen muss: Das Vatertier ist in den seltensten Fällen bekannt, und manchmal gibt es bei Fundwelpen auch keine Mama. Einen Welpen mit acht bis zehn Wochen gibt es aus dem Ausland auch nicht. Das liegt an den Einreisebestimmungen und der Tollwutimpfung.

Trotzdem: Wem es nur darum geht, ein Hundekind beim Aufwachsen zu begleiten, kann das auch mit einem Tierschutzwelpen haben. Klar sein muss einem nur, dass der Überraschungsfaktor bei einem solchen Welpen deutlich größer sein kann als bei einem erwachsenen Hund.

6. Tierschutzhunde haben alle einen Knacks

Natürlich gibt es bei Tierschutzhunden einige, die ein Problem mitbringen. Ein seriöser Vermittler kann aber neben ungefährem Alter und Geschlecht auch etwas zum Charakter des Hundes sagen. Und auch unter Tierschutzhunden gibt es genügend Hunde, die keine Macke haben und nicht schwieriger zu händeln sind als ein Welpe – oder sogar noch viel leichter.

Natürlich sollte man die Bereitschaft mitbringen, mit dem Hund zu arbeiten, speziell an seinen möglichen Problemen. Das muss man aber auch bei einem Rassehund. Wer nicht der absolute Hundeprofi ist, schafft es nicht, einen Welpen groß zu ziehen, ohne dass dieser hier und da Ärger macht und gründliche Erziehungsarbeit benötigt.

Kari war ein total einfacher "Fall." Seine Angst vor Wasser war mit Geduld und Ruhe in den Griff zu bekommen. Vertrauen fasste er mit der Zeit von selbst, und dann war er infach nur pflegeleicht. Während Sandy eine große Herausforderung war, kam er als fast perfekter Hund hier an. Das ist sicherlich auch ein Vorteil eines schon älteren Hundes, der die Flegeljahre hinter sich hat.

Sookie war erst ein halbes Jahr alt, als sie bei uns einzog. Sie war dadurch der anstrengendste unserer Hunde – und das ist sie bis heute, aber die Gründe dafür liegen in ihrem Charakter und ihrer Erkrankung. Thanu war wieder von Anfang an pflegeleicht. Neri kam als älteres Semester; sie ist ein ängstlicher Typ, aber kein Angsthund. Sie kommt gut im Alltag klar und meistert viele Herausforderungen.

Und ja, es gibt sie, die sprichwörtliche Dankbarkeit des Tierschutzhundes. Ich erlebe sie eigentlich jeden Tag, und sie ist herzerwärmend.

Die Gesamtsituation mal mit Abstand betrachtet

Stellt euch mal vor, Außerirdische würden uns Menschen beobachten. "Menschen mögen Hunde!", werden sie feststellen. Aber was machen die Menschen da?

Auf der einen Seite sind da die übervollen Tierheime und Tötungsstationen. Es ist nicht nur so, dass die Hunde dort ihr Leben lang unter schlimmsten Bedingungen eingepfercht sind – sie werden vielerorts nach einer bestimmten Frist getötet, wenn sie niemand adoptiert.

Auf der anderen Seite ist da ein Mensch, der gern einen Hund haben möchte. Er ruft bei einem Züchter an, "bestellt" sich einen Hund, und der Züchter lässt die Hündin bei genügenden Bestellungen vom Rüden decken. Oder er lässt sie sowieso regelmäßig decken, weil er weiß, dass die Nachfrage immer da ist.

Da werden also an einem Ort regelmäßig Hunde "produziert", an einem anderen Ort werden Hunde getötet. Ist das nicht paradox?

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